Lifestyle

«Hallo, hier spricht Ihre Mülltonne»

Im «Internet der Dinge» melden sich die Elektrogeräte, wenn sie etwas brauchen. Und am Ende ihrer Lebensdauer melden sie sich ab – beim Hersteller, damit dieser sie abholt und wiederverwertet. Utopie? Nein. Das «Internet der Dinge» kommt.

Sie wissen es vielleicht nicht, aber Ihr Drucker am Arbeitsplatz könnte ein Eigenleben führen. Nicht, dass er sich nachts auf Ihre Kosten mit lustigen Druckerzeugnissen austoben würde. Im Gegenteil: Er bestellt selbständig Tinte nach, wenn diese zuneige geht. Keine Mitarbeiterin, kein Mitarbeiter muss den Füllstand prüfen, niemand muss beim Lieferanten anrufen. Der Nachschub kommt ganz automatisch und rechtzeitig per Post. Und Sie müssen den Drucker nicht einmal für seine Aufmerksamkeit loben.

Drucker sind übrigens längst nicht die einzigen Geräte, die von sich aus Bestellungen absetzen. Ein Hersteller von Rasierklingen etwa hat die Aufbewahrungsbox für den Rasierer mit einem Knopf ausgerüstet. Darauf steht «Order». Wird er gedrückt, versendet die Box automatisch die Bestellung neuer Klingen. Naja, nicht so clever wie der Drucker, schliesslich müssen Sie noch selbst einen Knopf betätigen. Aber immerhin ein Anfang.


Kommunizierende Geräte sind im Trend

Das Zauberwort heisst «Internet der Dinge». Weltweit dürften sich in diesem Jahr 8,4 Milliarden Konsum- und Industriegüter mit dem Internet verbinden – von der Kamera bis zur Kaffeemaschine, ganz zu schweigen von der Licht- und Heizungssteuerung, dem smarten Türschloss oder dem kleinen elektronischen Wächter über Ihre Pflanzen, der genau weiss, wann gegossen werden muss und dies Ihrem Smartphone mitteilt. Die Giesskanne müssen Sie vorderhand noch selber schleppen. Aber wer weiss. Vielleicht kommt er ja doch bald, der kleine Haushaltsroboter. Marktforscher schätzen den jährlichen Umsatz im Internet der Dinge und in den dazugehörigen Softwareleistungen auf zwischen zwei und über 7 Billionen Dollar. Bis ins Jahr 2020 rechnet man mit über 20 Milliarden vernetzten Geräten.

Smarte Geräte werden also mehr und mehr die Regie in Ihrem Leben übernehmen, es – hoffentlich – erleichtern und dazu beitragen, Kosten zu sparen. Kommen wir nochmal auf den kommunikativen Drucker zurück: Nicht allein nimmt Ihnen das Gerät die Aufgabe ab, ständig ein Auge auf den Füllstand zu haben, es erübrigt sich auch, Patronen auf Vorrat zu kaufen. Sie werden mit der Menge beliefert, die Sie tatsächlich brauchen. Wäre das nicht auch toll, sagen wir, in Bezug auf Brot und Milch und sonstige Dinge, die Sie immer mal in Übermenge einkaufen, weil Sie sich, vor dem Regal stehend, der Vorratslage nicht mehr sicher sind oder weil Ihr Partner denselben Gedanken hatte und am Ende alles doppelt vorhanden ist? Hätte doch der Kühlschrank oder der Brotbeutel, der Toilettenschrank oder der Weinkeller Ihnen – oder dem Lieferanten Ihres Herzens – gemeldet, wie es tatsächlich um den Inhalt steht! Keine Angst: kommt noch.

Interessanterweise sind es die Konsumentinnen und Konsumenten, die den grössten Teil der vernetzten Geräte besitzen und den Boom antreiben. Die Industrie ist dagegen ein wenig verhaltener. Das hat vor allem mit dem Preis für spezialisierte Sensoren zu tun, die in geringerer Stückzahl hergestellt werden als etwa ein vernetztes Babyphone. Aber die Zukunftsmusik erklingt hier und dort deutlich vernehmbar.


«Smarte» Geräte sind attraktiv

Etwa aus den Müllcontainern der spanischen Stadt Santander. Diese sind mit Sensoren ausgestattet, die ihre Füllmenge überwachen. Geleert wird erst, wenn die Tonne voll ist. Dadurch können die Fahrten der Müllentsorgung optimiert und wiederum Kosten gespart werden. Santander behauptet für sich den Titel einer «smart city». Smart ist auch die Bewässerung der Parkanlagen geregelt. Gegossen wird erst, wenn ein Sensor meldet, dass es Zeit dafür ist – also genau wie bei Ihrer Topfpflanze, einfach mit automatischer Sprinkleranlage. Pech für den Stadtgärtner zwar, der eines Teils seines Jobs verlustig wird. Gut für den Steuerzahler, weil kein Tropfen des kostbaren Nasses zu viel versprüht wird.

Die Explosion des Internets der Dinge bedeutet aber auch, dass die Zahl elektronischer Geräte oder von Geräten mit elektronischen Komponenten noch einmal kräftig wachsen wird. Was tun, wenn diese Geräte Pannen erleiden oder das Ende ihres Lebenszyklus erreichen? Idealerweise meldet sich das Gerät in einem solchen Fall mit seinem letzten Atemzug gleich selbst – bei seinem Hersteller. Der schickt dann einen spezialisierten «Bestatter» für Elektroschrott bei Ihnen vorbei, um das Gerät abzuholen. Schliesslich stecken da Wertstoffe drin, die in den Kreislauf zurück geführt werden sollen. Und es wird eine Frage der Zeit sein, bis auch die Entsorger smarte Sammelbehälter anbieten. Die Batterietüte, die signalisiert, wann sie voll ist, oder der Karton für den Elektroschrott, der einen Alarm aussendet, wenn er überquillt. Zukunftsmusik? Es wird kommen.

© SENS eRecycling, März 2017